Urbane Ethiken
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Rio de Janeiro: Tor in die Zukunft? Debatten um die Umgestaltung von Porto Maravilha (2018 - 2021)

Die historisch lange bedeutsame, durch Sklaverei und Kolonialismus geprägte Waterfront von Porto Maravilha in Rio de Janeiro wird seit 2011 durch neoliberale Public-Private-Partnerships umfassend „revitalisiert“. Die Zone soll in einer Stadt, die mit entspannter Exotik, aber auch Delinquenz und Drogenökonomie assoziiert wird, ein imagekorrigierendes, international beachtetes Schaufenster verantwortungsvoller urbaner Ethik (mit Grünflächen, leistbarem Wohnungsbau, sauberem Wasser) schaffen, die gleichermaßen konstitutiv für die Nation steht. Außergewöhnlich ist dabei, dass die Hafenzone erstmals auch ein Ort verantwortungsbewusster Geschichtspolitik sein will, die sich in kulturhistorischen Projekten wie Museen, Gedenkstätten (Sklaven-Friedhof), Kulturzentren und Events im öffentlichen Raum manifestiert und die Verbrechen einer Sklavenökonomie thematisiert. Die Transformationsprozesse in Porto Maravilha streben auch die soziale Inklusion bislang marginalisierter Bevölkerungsgruppen an, wie sie auf der nationalen Ebene von den vergangenen Regierungen Lula da Silva und Dilma Rousseff (2003-16) postuliert und zum Teil durchgesetzt wurde. Das Teilprojekt analysiert, welche Politiken in der architektonisch-symbolischen und ökonomischen Transformation dieses Großraums von oben herab erfolgten und welche Politiken Ergebnisse eines Aushandlungsprozesses zwischen zivilgesellschaftlichen und staatlichen Akteuren sind, welche Techniken des Regierens, welche Maßnahmen sozialer Kreativität herausgearbeitet werden können und welche ethischen Akteure und Subjekte sich dabei entwickelten. Anhand der sechs Forschungsfelder Wohnen in Porto Maravilha: Ethische Akteure gegen die Gentrifizierung, Das Sklaverei-Museum als Schnittpunkt sozialer Kreativität und kollektiven Gedächtnisses, Das Museu do Amanhã (Museum der Zukunft) als Vision eines neuen Rio, Performanz im öffentlichen Raum – Öffentlicher Raum als gemeinschaftliches Gut, Die Waterfront sowie Die Seilbahn – Symbol sozialer Inklusionspolitik? fragt das Teilprojekt erstens nach den Spielräumen in Ausverhandlungsprozessen für zivilgesellschaftliche Gruppen, nach Oppositionsstrategien und -erfolgen. Zweitens fragt es nach dem Zusammenhang zwischen marktwirtschaftlichem Handeln und ethischem Handeln, nach den Durchsetzungsmöglichkeiten moralischer Ökonomien gerade in einer zentral gelegenen Zone der Stadt, die durch die „Revitalisierung“ gentrifiziert wird. Drittens fragt das Projekt danach, wie diese zur Schau gestellte Sensibilität für Ökologie in der Stadt für ein künftig gutes Leben ihrer Bürger auch auf das historische, vor allem afro-brasilianische Erbe angewendet wird. Das Teilprojekt ist ein Neuantrag. Es knüpft vor allem an die Teilprojekte Auckland, Istanbul und Mexiko Stadt an.