Urbane Ethiken
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München: Helfen. Eine Praxeologie städtischer Wohltätigkeit (2018 - 2021)

Anderen im Rahmen von Freiwilligenprogrammen zu helfen wird in Deutschland gegenwärtig in Zusammenhang mit Debatten um soziale Ungleichheit und Migration kontrovers diskutiert. Als Betätigungsfeld für Freiwillige gilt die Unterstützung anderer als wichtiger Bestandteil gesellschaftlicher Teilhabe und ist mit ethischen Prämissen einer guten Bürgerschaft verknüpft. Gleichzeitig üben rechtspopulistische Stimmen massive Kritik v.a. an der Unterstützung für Geflüchtete. Die Beteiligten geraten so z.T. unter Rechtfertigungsdruck, während sie selbst sowie diejenigen, die Unterstützung suchen, und Sozialarbeiter_innen, die Ehrenamt koordinieren, Fallstricke und Machthierarchien in Hilfsbeziehungen reflektieren. In Unterstützungsbeziehungen und deren öffentlicher Bewertung wird nicht weniger verhandelt als gesellschaftliche Positionen, Zugehörigkeit und die Deutungshoheit über Vorstellungen einer intakten und gerechten Gesellschaft. Diese werden nicht nur auf nationaler, sondern ebenso auf lokaler, mitunter städtischer Ebene geführt. München wird in diesem Zusammenhang häufig als überschaubare Großstadt mit einer wohlhabenden Bewohner_innenschaft charakterisiert, welche sich für Arme und Ausgeschlossene einsetzt. Gleichzeitig problematisieren Bewohner_innen zunehmend Exklusionsprozesse in der Stadt, allen voran mit Blick auf steigende Wohnpreise (siehe TP München 2015‒2018).

Das ethnografische Teilprojekt geht Positionierungen und Praxen von freiwillig Engagierten ebenso nach wie den Erfahrungen derjenigen, die Unterstützung suchen. Praxen der Unterstützung werden in drei exemplarischen Forschungsfeldern ‒ Geflüchtetenhilfe, religiöse Fürsorge und Stiftung ‒ durch Methoden der teilnehmenden Beobachtung und qualitativen Interviews spezifiziert und gedeutet. Welche Stadtgesellschaft imaginieren und entwerfen die Beteiligten? Welche gesellschaftlichen Normen stellen sie infrage? Mit dem Begriff „Helfen“ im Titel soll auf Machthierarchien, aber auch -verschiebungen, zwischen den Beteiligten hingewiesen werden. Wie wenden sich Akteur_innen also vor dem Hintergrund einer durch gesellschaftliche Hierarchien gekennzeichneten Relation einander zu? Welche Praxen sind dabei konstitutiv, auf einer Imaginations- ebenso wie auf körperlicher Ebene? Das Teilprojekt knüpft dabei an die Perspektivierungen der Gruppe an und fragt nach Verbindungen zwischen ethischer Haltung, politischer Mobilisierung und karitativem Engagement ebenso wie nach den Subjektivierungsprozessen und Verkörperungen von Unterstützung.